Text "Pornografie: Was bedeutet das eigentlich?" auf rosa Hintergrund

Pornografie und sexualisierte Gewalt

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Als Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt setzen wir uns für eine Gesellschaft ein, in der Frauen* und Mädchen* frei von sexualisierter Gewalt leben können. Dazu gehört auch, dass wir uns kritisch mit pornografischen Medien auseinandersetzen und uns entschlossen gegen jede Form der Objektifizierung und Gewalt stellen.

Was ist Pornografie?

Der Begriff Pornografie ist gesetzlich nicht eindeutig definiert. In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2014 liefert dieser einige Kriterien, die es ermöglichen sollen, den Begriff rechtlich fassen zu können. Anhand dieser Kriterien kann die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz überprüfen, welche medialen Inhalte als pornografisch gelten und somit erst Personen ab 18 Jahren zugänglich gemacht werden dürfen.

Laut BGH ist Pornografie die Vermittlung sexueller Inhalte, die folgende Kriterien aufweisen:

  1. Sie zielen ausschließlich oder überwiegend darauf ab, bei der betrachtenden Person einen sexuellen Reiz auszulösen.
  2. Sie überschreiten die von der Gesellschaft gezogenen Grenzen des sexuellen Anstands.
    Nach heutigem Verständnis gehören laut BGH alle Darstellungen sexueller Verhaltensweisen zur Pornografie, die den Menschen zum bloßen – auswechselbaren – Objekt geschlechtlicher Begierde machen.

Im Bereich der Forschung wird der Begriff unterschiedlich definiert, je nach Ausrichtung des Forschungsvorhabens. Des Weiteren ist der Begriff der Pornografie auch zeithistorisch zu betrachten und immer wieder neu anzupassen. Was als pornografisch definiert wird, ist demnach abhängig von Kontext und Zeitalter.

Was hat Pornografie mit sexualisierter Gewalt zu tun?

Obwohl Menschen schon sehr lange Pornografie nutzen, beschäftigen sich Studien erst seit Kurzem mit den Auswirkungen des Pornografiekonsums. Auch wenn die Studien zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, ist man sich in der Medienwirkungsforschung einig darüber, dass konsumierte mediale Inhalte Auswirkungen haben. Wie stark die negativen Auswirkungen sein können, hängt vor allem von der konsumierenden Person ab. So haben zum Beispiel Persönlichkeitsfaktoren, soziales Umfeld sowie internalisierte Werte und Normen einen Einfluss.

Die Forschung zeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen sexualisierter Gewalt und anderen Faktoren gibt. Dazu gehören neben Pornografie auch sexuelle Normvorstellungen, Geschlechterrollen bzw. -erwartungen und die Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen in der Gesellschaft. Diese Faktoren können sich wechselseitig bedingen. Wie stark sich die einzelnen Faktoren auf sexualisierte Gewalt auswirken, ist immer auch von den anderen herrschenden Faktoren und der konsumierenden Person abhängig.

Welche feministischen Perspektiven gibt es zu diesem Thema?

Im feministischen Diskurs gibt es zwei Haltungen zum Thema Pornografie, die besonders im Fokus stehen: PorNo versus PorYes.Text "Pornografie: Feministische Perspektiven" auf rosa Hintergrund

Die Haltung PorNo fordert ein gesetzliches Verbot jeglicher Pornografie. Pornografie wird hier immer als Gewalt gegen Frauen* und patriarchales Machtinstrument zur Unterdrückung definiert.

Die Haltung PorYes fordert einen Sexaktivismus in Form von queerfeministischer, ethischer und fairer Pornografie. Pornografie wird als positiver Zugang für Frauen* zu ihrem Körper, ihren Fantasien und ihrer Lust gesehen.

In folgenden Punkten sind sich beide Haltungen jedoch einig: In der Mainstream-Pornografie werden stereotype Geschlechterrollen verstärkt und ein gefährliches Schönheitsideal verbreitet. Der Fokus liegt vorwiegend oder sogar nur auf der Lust des Mannes und die Arbeitsbedingungen sind meist prekär und ausbeuterisch.

Wie stehen wir als Fachberatungsstelle zu Pornografie?

Wir leben in einer patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft, weswegen wir Pornografie nicht aus diesem gesellschaftlichen Kontext nehmen können. Pornografie bildet die gegenwärtigen Missstände in unserer Gesellschaft ab – insbesondere in Bezug auf stereotype Geschlechterrollen, Antifeminismus, Rassismus, Ableismus und Queerfeindlichkeit. Pornografie ist dabei nicht nur ein Spiegelbild gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Sie trägt auch aktiv dazu bei, dass die ungleichen gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert werden und sich verfestigen.

Der Großteil der Pornografie verharmlost Gewalt, fördert die traditionelle Geschlechtereinteilung und stellt Menschen, insbesondere Frauen* und andere marginalisierte Personen, entwürdigend dar. Wir kritisieren diese starke sexualisierte Objektifizierung von Menschen, wie sie in Pornografie meist zu sehen ist.

Dennoch ist es wichtig, über Sexualität zu sprechen, aufzuklären, diese nicht zu tabuisieren und sie in ihrer Vielfältigkeit abzubilden. Und um dies zu gewährleisten, brauchen wir eine adäquatere sexuelle Aufklärung, in der eine gewaltfreie Sexualität ausgebildet werden kann und Menschen, gerade Kinder und Jugendliche, sich mit ihrer eigenen Sexualität auseinandersetzen können.

Unser Angebot

Seit 2024 beschäftigen wir uns in unserer Präventionsarbeit verstärkt mit dem Thema der Pornografie. Im Rahmen unserer digitalen Fortbildungsreihe haben wir erstmalig den Fachvortrag „Pornografie und sexualisierte Gewalt. Eine kritische Perspektive“ angeboten. Er richtet sich an alle Interessierten.

Um das Thema bei Bedarf auch in unserer Mädchenarbeit aufgreifen zu können, haben wir inhaltliche Methoden für unsere Workshops „Mädchen* stärken – Mädchen* schützen“ entwickelt. Des Weiteren bieten wir seit 2024 auch Elternabende an unter dem Titel „Hilfe mein Kind schaut Pornos! Eine Handreichung für Eltern“.

Alle Angebote können im Paket oder auch gesondert unter info@frauennotruf-heidelberg.de bei uns angefragt werden.